Der Weihnachtsbaum
Der Weihnachtsbaum wird seit Generationen in der Adventszeit bzw. am Heiligen Abend aufgestellt. Während er im evangelischen Raum traditionsgemäß spätestens zum Epiphaniefest am 6. Januar abgeschmückt und entfernt wurde, blieb er in katholischen Familien oft bis zum Fest der Darstellung des Herrn (Maria Lichtmess, 2. Februar), welches das Ende der Weihnachtszeit bedeutete, stehen. Seit der Liturgiereform, die diese Zeit mit dem Fest der Taufe des Herrn, also am ersten Sonntag nach Epiphanias, enden lässt, wurde auch ein langsamer Wandel des Brauches im katholischen Umfeld sichtbar. Ausgediente Christbäume wurden teilweise gesammelt und zu Ostern als Osterfeuer verbrannt.
Heidnische Wurzeln
Bereits seit über 400 Jahren gehört der Weihnachtsbaum zum christlichen Brauchtum. In seiner heutigen Gestalt jedoch kennt man ihn erst seit etwas mehr als 100 Jahren, seine Ursprünge verdankt er
verschiedenen alten und größtenteils heidnischen Bräuchen.
So heftete man im alten Griechenland einen mit Früchten behängten Ölzweig an den Hauseingang, und die Römer beschenkten sich zu Neujahrsbeginn gegenseitig mit der „strena“, einem frischen
Lorbeerzweig. Diese Zweige hielt man für heilkräftig. Sie sollten den Bewohnern Glück und Wohlergehen sichern, wenn man sie an der Tür befestigte. Feuer und immergrüne Zweige wie Misteln, Efeu
und Lorbeer fanden im Römischen Reich bei den Fruchtbarkeitsriten zu Ehren des Gottes Saturn während der „Saturnalien“,
vom 17.-24.12. Verwendung.
Aus Furcht vor bösen Geistern und Dämonen steckten heidnische Germanen Immergrünes in die Ecken oder über die Eingangstüren ihrer Wohnhäuser und Ställe, damit dessen spitze Nadeln Unheil, Blitz und Krankheiten abwehren sollten. Freundlichen Waldgeistern sollten sie als Zuflucht vor dem Winter dienen.
Christliche Wurzeln
Selbst mit Einführung des Christentums hielt sich dieser Brauch weiterhin; denn die Menschen wollten nicht auf die grünen Zweige im Winter verzichten und schmückten nach wie vor in der Zeit von
Advent bis zum Dreikönigsfest bzw. in den zwölf Weihnachtstagen (= die Zwölften), nämlich vom 25. Dezember bis zum Morgen des 6. Januar die Eingänge der Häuser, Gasthöfe und Kirchen.
Auch kahle Obstgehölze, besonders beliebt der Apfel- und Kirschbaum, wurden zum Blühen gebracht, indem man sie vor dem Fest wässerte, damit sie am Heiligabend blühten, was heute noch am
Barbaratag am 4.12. verbreitet ist. Doch immergrüne Pflanzen, allen voran das Tannenreis, wurden immer beliebter und zierten mit süßem und glitzerndem Behang die Herrgottswinkel und die
Stubendecken. Dieser Brauch war sicherlich der entscheidende Schritt zur Entwicklung des Christbaumes, besonders als man statt der Zweige oder Büschel ganze Bäume unter der Decke aufhängte, was
noch bis ins 20. Jahrhundert in der Steiermark üblich war. Meist in Form von Fichten- oder Tannenwipfeln, vor allem in Herrgottswinkeln, zeigte die Spitze nach unten. Diese so genannten
„Grösslinge“ wurden mit roten Papierbändern, Äpfeln und vergoldeten Nüssen geschmückt. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts hängte man in der Gegend um Annweiler am Trifels den Christbaum in die
Fensterlaibung. In der. Hardt zeigte die Baumspitze nach oben (s. Abb.), und an dem zugespitzen Baumstamm steckte ein Apfel. Geschmückt war dieser Baum ebenfalls mit Papierbändern, Zimtsternen,
Zuckerbrot und Äpfeln. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts fand man lichtlose Bäume am Durchzug der Zimmerdecke, behängt mit Selbstgebackenem als Baumschmuck. Der Wandel vom hängenden zum stehenden
Baum vollzog sich allmählich und begann bereits im Laufe des 16. Jahrhunderts im Elsass.
Paradiesbaum und Co
Umstritten ist jedoch die Annahme, dass sich der Christbaum vor allem aus dem Paradiesbaum, der bei kirchlichen Paradiesspielen am 24.12. verwendet wurde, entwickelte. In diesen Mysterienspielen
traten sowohl Adam und Eva als auch der Teufel sowie der Cherub, der das Paradies verschlossen hielt, auf und als Dekoration der Baum, dessen Frucht der Anlass zur Sünde wurde. Die immergrüne
Tanne bot sich in der Winterzeit als Ersatz für den Apfelbaum an. Diese wurde ursprünglich mit Äpfeln und ungeweihten Hostien behängt.
Anlässlich bestimmter Feste z.B. bei Richtfesten, schmückten bereits im Mittelalter sogenannte Gemeinschaftsbäume die öffentlichen Veranstaltungen, so auch der Maibaum oder Pfingstbaum. Diese
standen jedoch außerhalb des Wohnbereiches. In den Vogesen trafen sich die Dorfbewohner am Neujahrstag zum Tanz unter dem geschmückten Weihnachtsbaum. 1419 stellte die Bruderschaft der Freiburger
Bäckergilde den ersten Weihnachtsbaum im Freiburger Heilig-Geist-Spital auf. Es war ein mit Äpfeln, Birnen, Oblaten, Lebkuchen, Flittergold und gefärbten Nüssen, sowie Papierschmuck geschmückter
Baum.
Seit dem 16. Jahrhundert. zierten immergrüne Bäume die Stuben und Vereinsräume der Zünfte und Vereine während deren Weihnachtsfeiern, was Berichte aus Chroniken oder Stubenmeisterrechnungen belegen, welche die Ausgaben für Äpfel, Hostien und Buntpapier auflisten. Bei der Feier an Neujahr durfte der Altgeselle den Baum schütteln, und den Armen war es vorbehalten, das Backwerk und Obst aufzulesen.
Kirchen und Weihnachtsbaum
In früher Zeit kritisierten vor allem Vertreter der katholischen Kirche das Aufstellen von goldschimmernden und mit reichlichen Gaben behängten Weihnachts- bzw. Christbäumen sowie das Verteilen
von Geschenken. Sie betrachteten diese Sitte als Ablenkung vom eigentlichen weihnachtlichen Geschehen und dessen tieferen Sinn, deshalb billigten sie nur das Aufstellen von Krippen.
Dies zeigt die Warnung des „Narrenschiffes“ von Sebastian Brant (1494):
„Und wer nit etwas Nuwes hat,
Und umb das nuw gar singen gat,
Und grien tannries steckt in syn hus,
Der meint, er leb das ganz ja nit us!“
Brants Kritik an diesen Sitten unterstützt auch der berühmte Münsteraner Prediger Geiler von Kaysersberg in seiner Fastenpredigt 1508, in dem er tadelt, das Weihnachtsfest oder den Jenner derart
zu ehren, wo
„etliche mit Tanzen und Springen, andere mit Stechen, andere mit tannenreisen in die Stuben Legen, andere mit Bechten, andere, dass sie einander Gaben schicken, Lebkuchen, Wein“
...
Die katholische Kirche besaß zudem große Waldgebiete und versuchte gegen das Plündern des Waldbestandes zur Weihnachtszeit einzuschreiten, indem sie den Weihnachtsbaum als heidnisches Symbol
abtat. Auch die Landesherrschaft wollte den gewinnträchtigen Holzhandel nicht gefährden. Die Angst vor der so genannten Holznot führte im 18. Jahrhundert zu strikten Reglementierungen über den
Holzverbrauch. „Missbrauch“ wurde als Waldfrevel hart bestraft.
Mit der Reformation änderte sich das deutsche Weihnachtsfest. Sie drängte manche katholische Überlieferung zurück, wie zum Beispiel die traditionellen und öffentlichen Krippenfeiern und
Hirtenspiele und wandelte es zu einer eher familiären und häuslichen Feier um. Vorlesen der biblischen Weihnachtsgeschichte im Familienkreis, Singen von Weihnachtsliedern und bestimmte
Geschenkbräuche verhalfen so dem Christbaum zu seinem Siegeszug als bedeutendes Weihnachtssymbol. In evangelischen Kreisen betonte das Aufstellen eines Weihnachtsbaumes den Unterschied zur
katholischen Sitte des Krippen-Aufstellens.
Christbaum - Lichterbaum
Der Weihnachtbaum als Allgemeingut hielt sich bis Mitte des 17. Jahrhunderts dann hielt er auch Einzug in die Stuben der wohlhabenden Familien, der Fürsten- und Königshäuser. Hier entwickelten
sich auch zuerst die mit Kerzen geschmückten Christbäume, da sich das kostbare Wachs nur die Wohlhabenden leisten konnten. So berichtet Lieselotte von der Pfalz (1652 – 1722) als eine der ersten
Zeugen des 18. Jahrhunderts in einem Brief an ihre Tochter vom 11.12.1708 von ihren Kindheitserinnerungen aus dem Jahre 1662 über lichtergeschmückte Weihnachtsbäume:
„Da richtet man Tische wie Altäre her und stattet sie für jedes Kind mit allerlei Dingen aus … Auf diese Tische stellt man Buchsbäume und befestigt an jedem Zweig ein Kerzchen; das sieht
allerliebst aus, und ich möchte es heutzutage noch gern sehen. “
Es dauerte jedoch noch etwa 200 Jahre bis der Lichterbaum als Weihnachtsbaum allgemein üblich wurde. Im Mittelalter wurden die „Wintermaien“, nämlich ursprünglich im Saft stehende Zweige oder
Bäumchen, lediglich durch umstehende Lichtquellen erhellt, z.B. mit Kerzen tragenden Engelsfiguren. Im 17. Jahrhundert bastelte man Öllämpchen aus Walnussschalen, die an den Baum mittels heißen
Wachses auf die Zweige geklebt oder mit Stecknadeln befestigt wurden. Hierbei führte man das glühende Ende der Nadel von unten durch den Zweig. Erst mit Erfindung des Stearins (1818) und des
Paraffins (1830) leisteten sich breite Bevölkerungsschichten Kerzen für ihren Weihnachtsbaum. Es mussten möglichst 24 sein. In der kirchlichen Liturgie hatte die Wachskerze schon immer eine
besondere Symbolkraft. Für den sich verzehrenden Leib Christi steht das duftende Wachs und für seinen Geist der Docht, der sich am himmlischen Licht entzündet. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab
es die Halterungen zum Klemmen.
Durch den Krieg 1870/71 verbreitete sich der Brauch des Lichterbaumes auch in mittleren und unteren Schichten, da der preußische König solche Bäume in den Unterständen der Soldaten und in Lazaretten aufstellen ließ.
Verbreitung des Weihnachtsbaumes
Der Ausbau des Eisenbahnnetzes begünstigte den Transport von Bäumen und half so den steigenden Bedarf, vor allem in Großstädten zu decken.
Der Lichterbaum gelangte nun fast in die ganze Welt. Protestantische Einwanderer aus Deutschland brachten zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Weihnachtsbaum als Symbol ihrer Heimat nach
Nordamerika. Dort wurden gegen Ende jenes Jahrhunderts bereits Christbäume aus Eisen hergestellt und teilweise schon mit Gas beleuchtet. 1912 erstrahlte ein Riesen-Lichterbaum auf der
Madison-Square in New York. Nach amerikanischem Vorbild hielten derartige Bäume auch in den Geschäftsstraßen deutscher Städte Einzug. Der erste elektrisch beleuchtete Straßenweihnachtsbaum stand
1924 auf dem Rathausplatz in Weimar. Danach zierte der elektrische Lichterbaum Vorplätze und Balkone, bis er schließlich fast alle Privathaushalte erreicht hatte.
In England führte Prinz Albert von Sachsen-Coburg, der deutsche Prinzgemahl Königin Viktorias, 1840 den Weihnachtsbaum in die Königsfamilie ein, und 1872 hatte er selbst die Kleinstadt Thisted am
Limfjord in Nordjütland erobert.
Missionare und christliche Auswanderer brachten den Weihnachtsbaum auch nach Ostasien, Indien, Israel, Afrika s. Abb.), Australien und Lateinamerika wo man jedoch anstelle von Tannen und Fichten
lokal vorkommende Bäume wie beispielsweise Palmen, Kakteen, Thuja oder Reisstrohbündel verwendete und sie ganz unterschiedlich nach regionaler Volkskunst-Tradition schmückte.
In Spanien, Portugal und Italien stehen jedoch nach wie vor die Weihnachtskrippe oder die Heiligen Drei Könige im Mittelpunkt des Christfestes.
Parallelformen des Weihnachtsbaumes
Es gab auch Parallelformen des Weihnachtsbaumes, sogenannte Weihnachtsgestelle aus Holz, stehend oder hängend aus Grün, Gebäck und Flitter, später mit Kerzen dekoriert, die bei öffentlichen
Umzügen mitgeführt wurden. Weiterhin gab es den hängenden Reifenbaum (s. Abb.), den Klausenbaum, den aus einer Pyramide a us Lebkuchen und Äpfeln bestehenden Appenzeller Chlauszug, sowie
den Nikolausturm aus Oberösterreich, oder den oberbayerischen „Paradeisl“ und den schlesischen Putzapfel
In der Pfalz kannte man seit Ende des 18. Jahrhunderts den Zuckerbaum. Hierfür wurde ein Stock mit grünem Papier umwickelt, und als Zweige befestigte man ebenfalls mit grünem Papier umwickelte Stücke starken Drahtes. Dieser selbst gebastelte Weihnachtsbaum war mit Zuckerwerk geschmückt.
Christbaumschmuck
Laut den ältesten Zeugnissen war der ursprüngliche Christbaumschmuck Essbares, welches vor dem 19. Jahrhundert von den Familienmitgliedern selbst hergestellt wurde. Es waren vor allem Äpfel und
Hostien. Die christliche Dimension dieses Schmuckes ergibt sich aus der Symbolik des Paradiesapfels, der den Menschen zum Tod führte und daneben der Hostie, Sinnbild des Lebe n spendenden Brotes
des Leibes Christi, der zur Vergebung der Sünde dargeboten wird. Die Äpfel wurden bald um Birnen, Früchte, Zapfen und Nüsse bereichert. Sie erinnern an die Natur, den Herbst und die
Fruchtbarkeit. Aus den Hostien wurde später das Weihnachtsgebäck, das bis heute noch häufig den Weihnachtsbaum
ziert.
Springerle, ein Modelgebäck aus einem Eierzuckerteig hergestellt, waren seit dem 18. Jahrhundert beliebt und wurden liebevoll bemalt. Überwog in früherer Zeit die christliche Symbolik als
Motivträger des Schmuckes, so entsprachen die Formen später dem jeweiligen Zeitgeschmack. Gemodelt wurden dann auch Tiere, die das vielfältige Erdenleben versinnbildlichen, sowie Spielzeug.
Weihnachtslebkuchen, mit Darstellungen von Adam und Eva gehörten bereits in früher Zeit zum Weihnachtsbaumschmuck. Im 19. Jahrhundert beklebte man diesen zusätzlich mit Glanzbildern, den so
genannten Oblatenbildchen, welche auch für Sammelalben gebraucht wurden.
Mittels Formen hergestellte Zuckerpuppen aus Zuckermasse kamen im 18. Jahrhundert in Mode und bereicherten den Baumschmuck. Später ersetzte der Tragant als Bindemittel den Zucker. Hinzu kamen im
19. Jahrhundert Figuren aus Marzipan, meist in kleinen Körbchen oder Netzen an den Baum gehängt.
Neben mit Süßigkeiten behängten Weihnachtsbäumen sind seit 1605 in Straßburg reicher verzierte Weihnachtsbäume bekannt, zusätzlich behängt mit „Zischgold“ und bunten Papierrosen, ebenfalls einem
christlichen Weihnachtssymbol, das auf Jesaja 11,1ff zurück geht, wo von dem „Schoß aus der Wurzel Isai“ dem Vater Davids, die Rede ist. Auf die Legende von der Rose von Jericho, die aufblühte,
als Maria in der Geburtsnacht darüber schritt, gehört sicher dazu. Dünne vergoldete Metallplättchen, die ein leichtes Vibriergeräusch hervor brachten, waren wohl mit „Zischgold“ gemeint,
eventuell eine Reminiszenz an die Geschenke der Weisen aus dem Morgenland. Nächstenliebe und Hingabe symbolisieren die Geschenke, welche von alters her als Päckchen am Baum hängen.
Farbige Papierketten umschlangen die Äste des Christbaumes, und aus farbigem Kartonpapier schnitt man allerlei Gegenstände aus. Auch dreidimensionale Gehänge waren vertreten. Bilderbögen als
Baumschmuck wurden zuerst in Neuruppin hergestellt. Im 19. Jahrhundert begann allmählich die industrielle Herstellung des Christbaumschmuckes. Bastelsätze wurden zu Hause gefertigt. So konnte man
Kutschen, Spielzeug, Lokomotiven, Heißluftballons finden und zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem Zeppeline. Aus Pappe, Pappmaché und aus Wolle gefertigte Figuren waren ebenso üblich.
Im 19. Jahrhundert wurden in elsässischen und thüringischen Glashütten Glaskugeln hergestellt, die statt oder neben den Äpfeln befestigt wurden. Allmählich wurde der Christbaumschmuck immer
kunstvoller und prächtiger. Man verwendete die verschiedenartigsten Metalle und Materialien wie Watte, Chenille, Papier- und Seidenblumen, Wachsfigürchen, Engelshaar, Gras, Holz …
Fazit
Die Biedermeierzeit prägte nachhaltig mit ihren bekannten Weihnachtsliedern wie „Stille Nacht“ oder „O Tannenbaum“ und Ludwig Richters Illustrationen einer heilen Welt das Bild des deutschen
Weihnachtsfestes. Sie weckte Sehnsüchte nach einer Idylle mit einer friedvoll versammelten Familie unter dem Weihnachtsbaum. Auch die Kaiserzeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts beeinflusste die
Gestaltung des Festes mit festlich gekleideter Herrscherfamilie vor üppig geschmücktem Weihnachtsbaum, und darunter lagen zahlreiche Geschenke, nach damaligen Rollenverständnis süße Püppchen für
die Mädchen und Kriegsspielzeug für die Knaben. Aktuelle Politik und Ideologie der Zeit verschmolzen mit alt her gebrachter weihnachtlicher Tradition. Nationale Symbole, technische
Errungenschaften wie Zeppeline und Flugzeuge mischten sich in Zeiten patriotischen Hochgefühls mit christlicher Symbolik.
Allmählich profaniert, unterliegt gegen Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts der „Designerbaum“ immer mehr modischen Tendenzen, aus denen christlicher Hintergrund zu verschwinden
scheint. Doch bis heute ist er nach wie vor untrennbar mit dem Weihnachtsfest verbunden.
Verfasst von Judith Grassel-Hiltwein, 2011
Quellen:
Alte Feste in der Pfalz / Helmut Seebach. 1 Advent, Weihnachten, Silvester, Dreikönigstag. – Annweiler-Queichhambach, 1995
Bäume leuchtend, Bäume blendend … : historischer Christbaumschmuck ; [Katalog zur Ausstellung des Badischen Landesmuseums im Schloss Karlsruhe vom 9. November 1996 bis 23. Februar 1997]/ Wolfram
Metzger ; Jutta Tremmel-Endres. - Karlsruhe, 1996
Die Entstehung des Weihnachtsfestes / Oscar Cullmann. – 2. Aufl. – Stuttgart, 1991
Nostalgischer Weihnachtsschmuck : Sammler-katalog / Uwe-Volker Segeth. Fotogr. Von Rudolf Majonica. – Augsburg, 1994
Oh! Tannenbaum : der Deutschen liebster Baum / mit Beitr. Von Konrad Auerbach … - 1. Aufl. – München, 2000
Der Weihnachtsbaum : Geschichte und Sinndeutung / Carl A. Skriver. – München, 1966
Der Weihnachtsbaum in Glauben und Brauch / Otto Lauffer. – Berlin, 1934
Das Weihnachtslexikon : Von Aachener Printen bis Zwölfernächte / Theo Herrlein. - 1. Aufl. – Reinbek bei Hamburg, 2005
Das bekannteste Weihnachtsgebäck
Lebkuchen
Lebkuchen, auch Pfeffer-, Gewürz- oder Honigkuchen genannt, ist vor allem ein Advents- und Weihnachtsgebäck. Charakteristisch sind die Zutaten Honig (anstatt Zucker) und die orientalischen
Gewürze: Zimt, Nelken Anis, Koriander, Ingwer und Muskat. Weitere Zutaten wie Nüsse, Schokolade, Zitronat und Orangeat können variieren.
Gewürzte Honigkuchen als Grabbeigaben sind bereits ab 350 v. Chr. In Ägypten bekannt. Die Römer kannten den „panus mellitus“, einen mit Honig bestrichenen gebackenen Kuchen. Anders als heute
wurde der Lebkuchen nicht nur zur Weihnachtszeit verzehrt, sondern auch zu Ostern oder anderen Zeiten. Lebkuchen war ein Bestandteil der Fastenküche und wurde z.B. mit starkem Bier
serviert.
Der Lebkuchen in der heute noch bekannten Form wurde im belgischen Dinant erfunden, dann von den Aachenern und schließlich von den fränkischen Klöstern übernommen. Im Laufe der Jahrhunderte
erfuhr er vielfache Abwandlungen und wurde teilweise zu einer örtlichen Spezialität wie z.B. Aachener Printen, Nürnberger Lebkuchen, Thorner Pflastersteine oder Mannemer Dreck.
Da für die Herstellung seltene Gewürze aus fernen Ländern benötigt wurden, haben vor allem Städte an bedeutenden Handelsknotenpunkten eine lange Lebkuchentradition. Außer Nürnberg und Pulsnitz
gehörten dazu Augsburg, Ulm, Köln und Basel. In München wird bereits 1370 im Steuerverzeichnis ein „Lebzelter“ aufgeführt, also ein Lebkuchenbäcker. Die Lebküchler oder Lebzelter waren in Zünften
vereinigt.
Im 15. Jahrhundert kannte man bereits die in Form geschnittenen oder gepressten Bildlebkuchen mit traditionell religiösen Motiven. Heute sind diese nicht nur zur Weihnachtszeit beliebt, sondern
auch als Lebkuchenherzen, mit Zuckerguss verziert, auf Volksfesten und Jahrmärkten zu finden.
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts reicht die Tradition des Lebkuchen-Weihnachtsmannes zurück. Hierbei wird auf ein Lebkuchenstück ein Papierweihnachtsmann mit Gummi arabicum aufgeklebt.
In Russland, England und im deutschsprachigen Raum werden aus Lebkuchenstücken sogenannte Pfefferkuchenhäuschen (volkstümlich Knusperhäuschen) gebaut, die auf das Märchen von Hänsel und Gretel
zurückgehen.
In Deutschland wird der Soßenlebkuchen ganzjährig in der Küche zur Soßenherstellung verwendet.
Springerle (auch: Anisbrötli)
ist ein sogenanntes Bildgebäck und gehört zu den traditionellen Festtagsgebäcken, die sowohl an kirchlichen Feiertagen (Ostern, Pfingsten und Weihnachten) als auch zu familiären Festen
(Hochzeit, Taufe) mit jeweils passenden Motiven gebacken werden. Springerle werden aus einem Anis-Eierschaumteig hergestellt. Auf den ausgerollten Teig werden Model gedrückt, um die
Motivplätzchen zu formen. Danach werden die Springerle ausgeschnitten und etwa 24 Stunden bis zum Backen getrocknet. Das Bild wird in dieser Zeit fest und verändert sich beim Backen nicht
mehr. Dieses Gebäck ist in Süddeutschland, Teilen von Österreich, der Schweiz, im Elsaß und Ungarn bekannt. Der Name wahrscheinlich vom Aufspringen (Aufgehen) beim Backen. Beim Backen wächst der
Teig auf die doppelte Höhe, dabei bildet sich am unteren Rand ein „Fuß“.
Model aus Stein, Metall, Keramik oder Holz gab es bereits im Mittelalter. Die Entwicklung ging von der kirchlichen Hostienbäckerei aus. Die ersten Springerle-Motive waren kirchlichen Ursprungs.
Die ersten Springerle zeigten biblische Geschichten oder christliche Symbole, vor allem weihnachtliche oder österliche Motive waren sehr beliebt.
Weltliche Motive setzten sich allmählich im 17. und 18. Jahrhundert durch. Anfänglich stammten die Motive aus der Heraldik. Themen wie „Glück - Liebe - Fruchtbarkeit“ waren vom 17. bis 19.
Jahrhundert stark vertreten. Modisch gekleidete Damen, prächtig geschmückte Reiter, Liebeskutschen, Fruchtbarkeits- und Liebessymbole sind in alten Modeln erhalten geblieben. Entsprechend den
Motiven wurden die Springerle zur Verlobung, Hochzeit und als Werbegeschenk verschenkt.
Zuckerbäcker und Konditoren stachen die Holzmodel ursprünglich aus dem harten Birnenholz. Die heutige Herstellung erfolgt meist mit Hilfe von Fräsen, oder sie werden aus Kunstholz gegossen.
Spekulatius (in Südbayern auch Spekulatis)
ist vor allem in Belgien (spéculoos), in den Niederlanden (Speculaas), im Rheinland und Westfalen bekannt. Dieses Bildgebäck wird aus Mürbeteig hergestellt. In Deutschland ist er ein typisches
Weihnachtsgebäck, während man ihn in Belgien und in den Niederlanden und selbst in der ehemaligen niederländischen Kolonie Indonesien das ganze Jahr über findet.
Gewürzspekulatius erhält durch die Gewürze Kardamom, Gewürznelke und Zimt seinen typischen Geschmack, Mandelspekulatius, dagegen ist etwas dezenter gewürzt und neben einer größeren Menge
Mandelmehl auch an der Unterseite vor dem Backen mit Mandelsplittern beschichtet. Butterspekulatius enthält einen erheblichen Anteil. Typisch für den niederländischen und belgischen
Spekulatius ist das Karamellaroma, welches durch Zuckerzugabe mit hohem Melasse-Anteil erreicht wird.
Wie die Springerle wird auch der Spekulatius-Teig in eine Holz- oder Metallmodel gedrückt, welche traditionell die Nikolausgeschichte erzählt. Heute findet man auch zeitgenössische belgische,
niederländische oder deutsche Motive wie Schiffe, Bauernhäuser oder Windmühlen. Der Name Spekulatius leitet sich von der lateinischen Bezeichnung für ‚Bischof‘ speculator (‚Aufseher‘,
‚Beobachter‘) her. Eine andere Ableitung bezieht sich auf lat. speculum (Spiegel), wegen der spiegelbildlichen Darstellungen, die in den Backformen eingeschnitten sind.
Für breite Bevölkerungsschichten war die Herstellung dieses Gebäckes bis zum Zweiten Weltkrieg nicht erschwinglich, da die Gewürze sehr teuer waren. Heute wird es industriell in verschiedenen
Qualitätsstufen hergestellt, je dünner das Gebäck, desto höher ist die Qualität. Das Gebäck ist typischerweise plattenförmig, rechteckig und platzsparend stapelbar. Daneben gibt es die
handwerklich hergestellten Produkte im Bäckereigewerbe.